Es ist 9.30 Uhr, als eine Videoschalte vom verregneten Kirchenhof in Berlin-Lichtenberg Aufmerksamkeit in der Kirche erregt. „Ganz für Jesu, ganz für ihn“, erklingt auf der kleinen Wiese hinter der Kirche. Es nieselt leise vor sich hin, als neben dem angekündigten Apostel Jens Lindemann (Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland) und Bezirksapostel Wolfgang Nadolny ein weiterer, bei den Jugendlichen sehr bekannter Mann aus dem Auto steigt.
Es ist Stammapostel Jean Luc Schneider, der zwischen zwei größeren Reisen zur Jugend nach Berlin gekommen ist. Wer kurz darauf die Kirche durch den Seiteneingang betritt, schaut in freudige Gesichter. Ein Tuscheln und Raunen erfüllt den Raum, in dem gleich knapp 1.100 Gläubige, darunter etwa 900 Jugendliche, den Gottesdienst erleben werden. Die Überraschung ist jedenfalls schon jetzt gelungen.
Gott allezeit danken
„Wir danken Gott allezeit für euch alle und gedenken euer in unserm Gebet und denken ohne Unterlass vor Gott, unserm Vater, an euer Werk im Glauben und an eure Arbeit in der Liebe und an eure Geduld in der Hoffnung auf unsern Herrn Jesus Christus.“ (1. Thes 1, 2.3), liest Stammapostel Schneider als Grundlage für den Gottesdienst vor. In seiner Predigt geht er zunächst auf das Motto des Jugendtages ein: „Glauben lieben, leben, teilen“. „Was liebst du eigentlich an deinem Glauben?“, fragt er die Jugendlichen. Er glaube an Gott, den Allmächtigen. „An Gott, der mein Leben lenkt und führt“. So sei man nicht der Willkür ausgesetzt. „Gott bestimmt mein Leben und schreibt die Geschichte der Menschheit“. Der zweite Punkt sei Jesus Christus. „Er will die Menschen in die Gemeinschaft mit Gott führen und hat sein Leben für uns geopfert“. Er liebe auch die Armen, die Schwachen, die Unvollkommenen. „Das liebe ich!“ und „Ich liebe den Gedanken, dass der Herr kommt!“
Geduld – kein Thema für die Jugend?
Wer glaube, dass Gott das Leben lenke, bleibe trotzdem nicht von Unglück und Ungerechtigkeit verschont. Er wende sich aber an Gott und frage: „Was soll denn das? Was erwartest du von mir?“ Und Gott gebe Antwort, so der Stammapostel. Dabei gelte es, geduldig zu sein. „Am Ende gewinnt der liebe Gott. Gott wird deinen Gehorsam und deine Treue segnen“. Auch die Geduld sich selbst gegenüber sei wichtig. Jesus Christus wolle nicht stoßen oder ziehen, sondern leiten. „Lass dir Zeit zum Überwinden, du schaffst das!“, macht er den Jugendlichen Mut.
Paulus habe einmal gesagt, der Glaube an Jesus Christus sei der Sieg, der die Welt überwinde. „Was heißt denn das?“ Wer an Jesus Christus glaubt, habe die Kraft, der Welt zu widerstehen. Der lasse sich nicht von einer Mehrheit vorschreiben, was zu denken oder zu tun sei – sondern handele nach dem Evangelium.
Eine weitere Basis sei der Glaube an die eigene Erwählung. Es sei eine Gnade, Christ zu sein, ein aus Wasser und Geist wiedergeborenes Gotteskind. Jesus habe klar gesagt: „Ich habe Euch erwählt“. Was es heißt, die Erwählung ernst zu nehmen zeigt er an einem Pauluswort auf „Preiset Gott mit eurem Leib“. Konkret fragt er: „Wie gehen wir mit unserem Körper, unserer Gesundheit um?“ Der Alkohol- und Drogenkonsum werde zunehmend bagatellisiert. Er ruft die Jugendlichen auf, den Glauben, „dass wir erwählt wurden um Gott zu dienen, Zeugnis abzulegen den Menschen“ ernst zu nehmen: „Was legst Du für ein Zeugnis ab, wenn du betrunken bist?“
„Gott will, dass wir ihm aus Liebe dienen“
Segen sei eine schöne Motivation, so Stammapostel Schneider. „Wir wissen, wenn wir Gott dienen liegt Segen darauf“. Aber sei das ein Dienen aus Liebe oder sei es aus Berechnung, fragt er. Die Braut Christi diene, weil sie ihn liebe. „Wir wollen in der Liebe zum Herrn wachsen, dass soll unsere Motivation sein“. Liebe sei, Zeit für den Nächsten zu haben, innig für ihn zu beten. „Lasst uns einfach mal was machen, um dem Nächsten zu helfen“, fordert er auf. So sei es auch reine Liebe, den Glauben zu teilen – wendet er sich wieder dem Motto des Jugendtages zu. Auch beim Teilen gebe es unterschiedliche Motive, zum Beispiel die Angst vor leeren Kirchen oder der Wunsch, Menschen zu bekehren. „Das ist keine gute Motivation“. Aus reiner Liebe gelte es den Glauben zu teilen.
Fünf Brote und zwei Fische für alle
Apostel Jens Lindemann illustriert das Teilen des Glaubens, indem er vom Speisewunder Jesu erzählt. „Was haben die wohl gedacht, die die fünf Brote und zwei Fische austeilen sollten?“, fragt er die Jugend. Man wisse doch ganz klar, dass das nicht reiche. Aber die Jünger hätten eine Aufgabe von Jesus gehabt und Glauben bewiesen. „Sie haben Überzeugungsarbeit geleistet mit ihrem Glauben“. Das sei auch in den Gemeinden wichtig. Ebenso solle man auf das sehen, was dem anderen diene. Es sei wichtig, dafür zu sorgen, dass der andere sich in der Gemeinde wohl und durch ein nettes Wort und mitfühlende Gedanken wahrgenommen fühle.
Zu weiteren Predigtbeiträgen ruft Stammapostel Schneider Bezirksapostel Wolfgang Nadolny und Bischof Udo Knispel an den Altar. Nach dem Gottesdienst wendet er sich erneut an die jungen Gläubigen. „Man spürt den Glaubensbestand der Jugend“, stellt er ihnen als Zeugnis aus.
Glaube – geht ins Herz, bleibt im Kopf
Der Nachmittag wird von verschiedenen Jugendgruppen gestaltet. Jugendliche aus der Gemeinde Berlin-Tegel stellen die Wirkung eines Gottesdienstes als Pantomime vor. Die Jugendgruppe Berlin-Weißensee zeigt die inneren Konflikte mit kirchlichen Terminen und fragt „Wie setzt du deine Prioritäten?“ Musikalisch wird der Nachmittag von Chormusik, mit Band und Orgelbegleitung getragen. Unter der Überschrift „Was passiert, wenn nichts passiert“, thematisiert die Jugend aus dem Kirchenbezirk Berlin-Ost den Trend des zurück gehenden Gottesdienstbesuchs und gibt Anregungen, wie man dem entgegen wirken könne. Darauf geht auch Stammapostel Schneider noch einmal ein. Die prognostizierte Halbierung der Gottesdienstbesuche bis 2030 höre sich schlimm an. „Wir wollen euch nicht demoralisieren“, aber man müsse sich die Realität bewusst machen. Gott habe es aber in der Hand, weshalb man nicht pessimistisch sein brauche. „Die Zahl der Mitglieder ist nicht entscheidend für unser Verhältnis zum Herrn“, erklärt er. Es komme nicht auf die Anzahl an, sondern auf die Vorbereitung. Jesus Christus wolle die Braut holen, Seelen, die eine besondere Verbindung zu ihm hätten. „Es geht uns nicht um die Neuapostolische Kirche, sondern um die Beziehung der Menschen zu Gott“, stellt er klar. Dabei komme es auf jeden an. „Wir sind dankbar, dass es euch gibt“, ruft er den Jugendlichen zu. Dankbar für die, die sich engagierten. Die Jugend beweise, „das Evangelium ist noch wirksam und aktuell – es funktioniert noch“. „Lasst uns weiter unseren Glauben leben, unseren Glauben lieben und unseren Glauben teilen.
Spiel, Spaß und Köpfchen in Königs Wusterhausen
Der Jugendtag hatte bereits am Samstag begonnen. Im Stadium der Freundschaft in Königs Wusterhausen waren die Jugendlichen mit ihren Betreuern, Apostel Jens Lindemann sowie dem Bezirksapostel und den Aposteln der Gebietskirche zusammen. Neben Tennis, Fuß- und Volleyball standen auch verschiedene Workshops auf dem Programm. So berichteten Studenten, die ein Auslandsemester absolviert hatten, von ihren Erfahrungen mit dem christlichen Glauben in anderen Ländern. Beim „Speeddating“ ging es darum, gute Antworten auf Fragen zum eigenen Glauben zu finden und Gesprächspartnern zu erläutern. Das „Sänftenrennen“ schloss den inzwischen regnerisch gewordenen Nachmittag ab: Jugendliche aus den Kirchenbezirken traten zu einem Parcour gegeneinander an. Über diese und weitere Programmpunkte wird die Jugendredaktion auf www.jugend.nak-bbrb.de berichten. So trafen sich zum Beispiel nach der Veranstaltung noch etwa 100 Jugendliche zum Flashmob im A10-Center, einem nahe gelegenen Einkaufszentrum.
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