Frühstück - Die Gruppe "Catering" ist schon um 10 Uhr in der Schulküche aktiv

"Probewochenende": Wie fühlt sich ein Europa-Jugendtag an?

Keine 100 Tage vor Beginn des Europa-Jugendtages (EJT) am 21. Mai machten rund 120 Jugendliche aus Berliner und Brandenburger Gemeinden die Probe aufs Exempel: Wie könnte sich der EJT "anfühlen"? Ein Selbstversuch in den Räumen einer Zehlendorfer Schule.

So fühlt sich also EJT an: Klein, rund und gut gefüllt. Dort, wo von Montag bis Freitag Stromkreise gebaut und spezifische Wärmekapazitäten gemessen werden, sitzt am heutigen Samstag Marcel und befüllt bunte Jonglierbälle. Katrin nebenan bemalt kleine Gipsherzchen. Der Mann für die großen Herzen ist Peter: An Holzstielen befestigt zeigen sie einen Mund, ein Ohr, Patricia koloriert ein Auge. Daneben verteilt Veronique rote Farbe auf einem Bauchladen: Im Physikraum 01 der Wilma-Rudolph-Oberschule in Berlin-Zehlendorf bereiten heute zwei Dutzend Jugendliche die Zutaten für die 30 Minuten vor, die am Freitag, dem 22. Mai, um 13.45 Uhr in Halle 7a des Düsseldorfer Messegeländes 2.000 Jugendliche begeistern sollen.

Denn dann, in 89, 88, 87 Tagen ist EJT - Europa-Jugendtag. Und heute ist EJT-Probewochenende. Ein paar Nummern kleiner zwar, aber die rund 120 Jugendlichen machen das Motto "Soviel EJT wie möglich" an vielen Stellen erlebbar. Sie kommen aus Berliner und Brandenburger Gemeinden und haben sich für den 21. und 22. Februar schriftlich angemeldet. Jasmine und Karolin zum Beispiel. Sie werden am 5. April konfirmiert und wollen wissen, was sie bei ihrem ersten Jugendtag erwartet.

Oder Daniel. Er sitzt an einem kleinen Tisch und fragt seit 12 Uhr alle Neuankömmlinge nach Namen und Gemeinde. Als alles korrekt in der Liste vermerkt ist, bekommt Nadja einen Stempel auf den Handrücken. Die 17-Jährige ist heute verantwortlich für die Gruppe "Übernachtung", und auch hier gilt: Soviel EJT wie möglich. Also unterteilen Nadja, Jacqueline, Marcus und weitere Helfer die Turnhalle der Oberschule mit gelbem Klebeband in 1,20 mal 2,10 Meter große Schlafplätze. Das ist etwas kleiner als die in Düsseldorf, aber - so die überwiegende Meinung - groß genug für Isomatte und Gepäck. "Wenn alle ihren Platz gefunden haben, bin ich zufrieden", meint Nadja, und geht nach getaner Arbeit erstmal in die Schulküche.

Hier ist das Reich von Jörg und der Gruppe "Catering". Sie sorgt dafür, dass alle EJT-Probanden genug zu essen und zu trinken haben. Für dieses Wochenende bedeutet das: Zweimal Mittag, einmal Frühstück, einmal Kaffee, einmal Abendbrot. Oder: 400 Brötchen, 600 Fischstäbchen, 200 Würstchen, Salate, Kuchen, Obst ... Zwischen Kaffee und Cola steht ein Kasten mit EJT-Logo und dem Slogan "Mit Dir kommen wir an!" Dort kann jeder seinen Teilnahmebeitrag für das Probewochenende entrichten. Er beträgt - soviel EJT wie möglich - 95 Cent.

Den Schlüssel für den Kasten hat Sebastian, Gruppenleiter "Sicherheit". Er erklärt, wo die Notausgänge sind, er hat die Hausordnung ausgehängt, und sein Team wird auch in der Nacht zum 22. Februar bereit stehen, wenn jemand Hilfe braucht. Rainer als Arzt bekommt allerdings nicht viel zu tun: Einmal Sodbrennen und ein paar Kopfschmerzen muss er behandeln.

Empfehlungen für EJT-Nächte

Wie weckt man 100 schlafende Jugendliche? Um kurz nach sieben am Sonntag entscheidet sich Sebastian fürs Trommeln. Das kommt nicht so gut an, eher "Wie soll ich dich empfangen" von DJ Elia. "Morgenstimmung" von Edvard Grieg wünscht sich Franziska für den EJT. Sie sitzt mit vielen anderen schick gekleidet im Frühstücksraum und genießt frisch aufgebackene Brötchen mit selbst gemachtem Pflaumenmus. Sophia und Martin wissen jetzt, dass sie für Düsseldorf eine neue Luftmatratze brauchen, Roger wird auf jeden Fall einen warmen Schlafsack mitnehmen, Angela ihre Ohrstöpsel, auch einige Schminkspiegel mehr werden dabei sein.

"Ich wusste gestern gar nicht, wofür ich mich entscheiden sollte", sagt Sandra, und meint das Aktionsprogramm. Fotografie, Tanzen, EJT-Band, Englisch für den EJT, Jonglieren - das Angebot war vielfältig. Am Samstagabend hatte es eine einstündige Präsentation der Ergebnisse gegeben, und die Zuschauerinnen und Zuschauer waren begeistert: So fühlt sich also EJT an!

Auch so: Zwei Jugendliche wandern von einem Raum zum anderen und finden nichts, was ihnen so richtig zusagt. Irgendwann sitzen sie auf der Tribüne der Turnhalle und unterhalten sich. Das ist okay, auch das ist EJT. Eine Jugendliche fühlt sich einsam und überlegt, zu gehen. Ein aufmunterndes Wort von dir, sie bleibt, am Ende ist sie wieder froh - und du auch. Ein anderes Beispiel: Der Kochkurs fällt aus, dafür wird Romans Fotokurs verlängert. Laura entschließt sich spontan, eine Gruppe "Gebärdensprache" anzubieten. Flexibilität ist Trumpf beim EJT.

Nach der nächtlichen Halbzeitpause folgt der Höhepunkt des Wochenendes: Die Hälfte der Turnhalle wird geräumt und zur Kirche. Die Gruppe "Gottesdienst" platziert Stuhlreihen, den Opferkasten, das Dirigentenpult und eine große Tafel. "Herzlich willkommen zum Jugendgottesdienst", schreiben sie darauf, und die Lieder, die sie gestern bei der Vorbereitung gemeinsam ausgesucht hatten. Albert begrüßt die Hereinkommenden mit einem freundlichen "Good morning", Philipp rückt noch einmal die Abendmahlskelche auf dem Altar zurecht, den Julia, Mirja und Tobias gestern gebaut und geschmückt haben. Der Chor singt, das Orchester spielt, und als Jürgen Jeßke um 11 Uhr hinter den Altar tritt, ist der Vorsteher des Kirchenbezirks Berlin-Südwest einer von 189, die Gottesdienst erleben wollen. Er ist sichtlich bewegt und glücklich: So fühlt sich also EJT an!

Als Grundlage des Gottesdienstes dienen zwei Bibelworte: Das für den Jugendgottesdienst und das, welches die Gemeinden ein paar Stunden zuvor gehört haben. "Es ist alles erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten", zitiert der Bezirksvorsteher Paulus (1. Korinther 6, 12), und nennt konkrete Beispiele für das, was dem Guten nicht diene. Weiter führt er aus, worin christliche Freiheit bestehe: "Wer an Jesus glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt, denn Jesus ist die Auferstehung und das Leben!" (nach Johannes 11, 25). Diesen Glauben, so die Predigt, sollten auch Seelen im Jenseits aufbringen, die dort als Gebundene die Liebe und Gnade Gottes entbehren müssten. "Die Jugend kann ihnen durch Barmherzigkeit, Gebet und gläubige Lebensführung helfen und Vorbild sein", appelliert der Bezirksvorsteher. Die Predigt sorgt noch für Gesprächsstoff, als das Schlusslied lange verklungen ist. Denn das Thema berührt ja jeden und jede in den persönlichen Ansichten und Entscheidungen.

Auf Wiedersehen in Düsseldorf!

Nach dem Gottesdienst, als die Stühle wieder in der Schulmensa stehen, schießt Beatrice das Abschlussfoto: Alle Gottesdienstteilnehmer stellen sich in der Form eines Auges auf. See you in Düsseldorf! In der Küche warten Kartoffelsalat und Fischstäbchen. Während Judith, Dominik und andere Küchenfeen noch abwaschen, wird die Sporthalle schon wieder als solche genutzt: Mit Fußball klingt das Probewochenende aus. Gegen Abend verlassen die letzten das Gelände der "Wilma".

Am nächsten Tag kommt eine E-Mail von Robert: "Können wir so etwas nicht jedes Jahr machen?" 2009 machen wir es sogar zweimal.

Jens Zimmer

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