Stammapostel Leber vor Beginn des Gottesdienstes in der Sakristei

Jahresauftakt mit Stammapostel Leber: "Verkündigt das Reich Gottes!"

Den Neujahrsgottesdienst feierte der oberste Geistliche der Neuapostolischen Kirche in der Hauptstadt: In der Kirche Berlin-Lichtenberg rief Stammapostel Wilhelm Leber die Gläubigen dazu auf, mehr über den eigenen Glauben zu reden und die Wesenszüge Jesu Christi stärker zu verinnerlichen. Wenige Stunden zuvor, am Nachmittag des 31. Dezember, hatte er in der Gemeinde Königs Wusterhausen seinen letzten Gottesdienst im Jahr 2009 gehalten.

An den Beginn seiner Neujahrspredigt stellte der Stammapostel ein Jahresmotto: "Dieses neue Jahr soll das Jahr der Beharrlichkeit sein", erklärte er. Neben Beharrlichkeit im Beten, in der kirchlichen Mitarbeit und "im Warten auf den Tag der Erlösung, den Tag des Herrn", rückte er vor allem Aspekte des menschlichen Umgangs in den Mittelpunkt. "Wir wollen beharrlich darin sein, ein unbelastetes Verhältnis zu den Menschen in unserer Umgebung zu pflegen, aber insbesondere auch zu den Brüdern und Schwestern in der Gemeinde", so der Kirchenleiter. Auch in der Gemeinde könne es "mal haken, da kann es Situationen geben, wo man sich nicht gut versteht, missversteht, wo man keine Brücke zum anderen findet". Gerade dann sei es wichtig beharrlich um ein unbelastetes Verhältnis bemüht zu sein.

Darin anknüpfend erinnerte der Stammapostel an den christlichen Auftrag, beharrlich Frieden zu stiften. "Gotteskinder sind Friedensstifter – das sagt sich so leicht. Ich weiß, dass das nicht einfach ist. Manchmal fühlt man sich ungerecht behandelt, dann kocht man innerlich." Doch sei es wichtig, Frieden zu halten "auch gegen die eigene Natur".

Verkündigung - nicht nur Sache der Amtsträger

Dem Kern seiner Predigt legte Stammapostel Leber einen Satz aus dem Lukasevangelium zugrunde: "... du aber gehe hin und verkündige das Reich Gottes!" (Lk 9,60). Dabei betonte er, dass die Aufforderung Jesu zur Verkündigung allen gelte, "nicht nur den Amtsträgern". Dies ergebe sich aus dem biblischen Kontext des Wortes. Verkündigung stehe hier in einem engen Zusammenhang mit der Nachfolge Christi. Deshalb lasse sich sagen: "Du aber gehe hin, lieber Bruder, liebe Schwester, und verkündige das Reich Gottes!"

Diese Verkündigung geschehe einerseits durch das Sprechen über den Glauben. "Ich meine, dass hier ein gewisser Mangel besteht", konstatierte der Stammapostel. "Reden wir doch mehr über den Glauben und das Glaubensziel", beispielsweise in den Familien. Insbesondere Eltern sollten mit ihren Kindern über den Glauben reden. Kinder an das Sprechen über das eigene Bekenntnis heranzuführen, sei eine Aufgabe von Eltern. Er selbst, so der Stammapostel, sei als Kind von seinem Vater nach jedem Gottesdienst bei Seite genommen worden um über das Gehörte zu sprechen. "Als Junge von 10 Jahren hatte ich daran nicht unbedingt Interesse, da war man froh, dass man den Gottesdienst hinter sich hatte. Aber das hat mir geholfen. Dadurch entstand bei mir die Bereitschaft, über den Glauben zu reden."

Dabei gehe es nicht darum, immer "hohe Gedanken" zu äußern, sondern vor allem eigene Empfindungen. "Das kann auch mal etwas Negatives sein, das spielt dann keine Rolle", entscheidend sei, dass man rede.

"Lasst uns sensibel sein im Umgang miteinander"

Das "Verkündigen des Reiches Gottes" geschehe jedoch nicht nur mit Worten, sondern auch dadurch, dass an Gläubigen Wesenszüge Jesu Christi sichtbar würden. Wie beim Jahresmotto hob der Stammapostel auch hier Merkmale des mitmenschlichen Umgangs hervor. Jesus habe eine besondere Sensibilität im Umgang mit Menschen gehabt. Darin gelte es ihm nachzufolgen. "Lasst uns sensibel sein im Umgang untereinander", warb er eindringlich. Dies bedeute, nicht immer alles nur vom eigenen Standpunkt aus zu betrachten, sondern auch danach zu fragen, was im Gesprächspartner vorgehe. "Wie sieht es beim anderen aus? Wie kann ich meinem Bruder, meiner Schwester eine Stütze sein?" Ebenso sei es wichtig, barmherzig zu sein, wie Christus es war. "Wollen wir anklagen, ins Gericht gehen, wenn Fehler gemacht wurden oder lieber Gnade walten lassen? Der Herr Jesus hat es uns vorgemacht", so der Stammapostel.

Als weiteren markanten Wesenszug Christi zählte er dessen Bekennermut auf. Auch sei Jesus immer auf das Wesentliche konzentriert gewesen. "Das ist ein Fehler unserer Zeit, dass man sich an Nebensächlichkeiten aufhält, die gar nicht so bedeutsam sind." Das Wesentliche sei das Erreichen der Glaubenszieles, sagte der Stammapostel abschließend.

"Komm in meine Gemeinde"

Weitere Predigtbeiträge kamen von den aus Süddeutschland angereisten Aposteln Jürgen Loy (Stuttgart) und Hans-Jürgen Bauer (Ulm) sowie dem hiesigen Bezirksapostel Wolfgang Nadolny. Dieser nahm unter anderem Bezug auf das vom Stammapostel verkündete Jahresmotto und verwies auf die Liebesbeziehung zwischen Christus und seiner Gemeinde: "Ihr lieben Brüder und Schwestern, wenn wir unseren Herrn und Meister lieb haben, gibt es gar keine andere Möglichkeit als beharrlich zu sein."

Zugleich erinnerte er daran, dass auch die Atmosphäre in einer Gemeinde letztlich vom Reich Gottes kündet. "Wenn man irgendwo im Urlaub war und anderen davon erzählen will, kann man Bilder zeigen - wenn wir Mitmenschen die Herrlichkeit Gottes näherbringen wollen, können wir keine Fotos zeigen. Aber wir können ihnen sagen: Komm in meine Gemeinde, dort erlebst du Herrlichkeit." Jede Gemeinde solle darum bemüht sein, sich so zu gestalten, dass man sagen könne, "so ist das Reich Gottes".

Neben dem traditionellen Berliner Schulchor gestaltete das vor kurzem gegründete Orchester der Gebietskirche Berlin-Brandenburg den Gottesdienst, der von Lichtenberg aus in zahlreiche Gemeinden in Berlin und Brandenburg übertragen wurde. Insgesamt nahmen rund 8850 Gläubige an dem Gottesdienst teil, davon etwas mehr 1300 direkt in Lichtenberg.

Jahresabschluss in Königs Wusterhausen

Begonnen hatte des Besuch Stammapostel Lebers in der Gebietskirche Berlin-Brandenburg bereits am Vortag. Anders als am Neujahrstag hatte er den Gottesdienst zum Jahresabschluss in kleinerem Rahmen gefeiert. In der vollbesetzten Kirche in Königs Wusterhausen predigte er vor rund 450 Gottesdienstteilnehmern über die Verse 12 und 14 des 116. Psalms: "Wie soll ich dem Herrn vergelten all seine Wohltat, die er an mir tut? [...] Ich will meine Gelübde dem Herrn erfüllen vor all seinem Volk."

Rückblickend auf das vergangene Jahr verwies der Stammapostel darauf, dass Gottes Wohltaten auch in diesem Zeitraum gegenwärtig gewesen seien, wenn auch oftmals unbemerkt. Er betonte: "Vergelten können wir es unserem himmlischen Vater nicht, wir können es ihm nicht bezahlen - wohl aber zurückgeben durch unsere Treue zu ihm."

Für Stammapostel Leber war es im abgelaufenen Jahr bereits der dritte Besuch in der Region Berlin-Brandenburg. Nach dem Karfreitagsgottesdienst, den er im April in der Kirche Berlin-Prenzlauer Berg gefeiert hatte, war er im Juli erneut zu Gast, um die neue Kirche der Gemeinde Oranienburg zu weihen.

thg

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