Singen für Amtsträger im Ruhestand in Lichtenberg

Es ist Samstag, der 3. November 2018, an dem das diesjährige "Ruheständlersingen" in der Kirche Berlin-Lichtenberg stattfindet. Eingeladen sind die Seelsorger im Ruhestand mit ihren Ehefrauen und Witwen der Amtsträger. Der Kreis derer, die oft über Jahrzehnte hinweg einen Großteil ihrer verfügbaren Zeit ehrenamtlich der Kirche und dem Nächsten gewidmet haben, die in ihrer aktiven Zeit die Gemeinden geprägt haben, soll mit einem vielfältigen Programm geistlicher Chor- und Instrumentalmusik sowie mit Wortbeiträgen erfreut werden. Für die Anwesenden ist es auch eine Einstimmung auf den bevorstehenden Gottesdienst für Entschlafene am kommenden Sonntag.

Für die musikalischen Beiträge haben sich diesmal der rund 50 Sängerinnen und Sänger umfassende Bezirkschor aus dem Kirchenbezirk Südwest und 28 Instrumentalisten des Nachwuchsorchesters der Gebietskirche vorbereitet. Einzelne Beiträge werden durch Orgel, Klavier und Soloflöte begleitet.

Der Leiter der Gebietskirche, Bezirksapostel Wolfgang Nadolny, greift in seinen einleitenden Gedanken den biblischen Bericht über Mose auf. Ausgesetzt in einem "Kästlein" im Nil, gefunden von der Tochter des Pharaos, heiße es von dieser: "Da jammerte es sie ..." (2. Mose 2, aus 6). Gott nimmt eine heidnische Prinzessin in die Hand, so der Bezirksapostel, um seinen Heilsplan zu verwirklichen. Gott habe es "genial gemacht", sein Volk in die Freiheit zu führen. Dann schlägt er den Bogen zu Jesus Christus, den es auch "jammerte", als er Menschen in besonderen Situationen begegnete (siehe z. B. Matthäus 9, 36; Markus 1, 41 und Lukas 7, 13). Wenn wir heute manche Lebenssituation genauer betrachteten, jammere es uns auch. "Wir wollen für alle da sein", fährt er auch mit Blick auf den bevorstehenden Gottesdienst für die Entschlafenen fort, und den Herrn bitten, zu helfen. Anschließend kündigt er noch Wortbeiträge des Bezirksältesten Thomas Krack, des Bezirksevangelisten Roland Radtke und des Bischofs Udo Knispel an.

Mit dem Lied aus dem neuapostolischen Gesangbuch "Ach wie flüchtig, ach wie nichtig" (Nr. 430), vorgetragen vom gemischten Chor mit Klavierbegleitung, beginnt der vielfältige musikalische Reigen, der insgesamt 16 Titel umfasst und thematisch zur Befassung mit der Vergänglichkeit menschlichen Seins, Zeitlichkeit und Ewigkeit, Diesseits und Jenseits und der Hoffnung auf eine Zukunft beim Herrn anregt. Gleich das Lied zu Beginn erzählt in vielfältigen Bildern die Vergänglichkeit alles Irdischen. Erst in der letzten Strophe wird den melancholischen Gedanken zur Vergänglichkeit die Gewissheit aus dem Glauben entgegengesetzt: "Wer Gott fürcht', wird ewig stehen." Als Schlusstitel wird ein zusammen von Chor, Orchester, Klavier und Soloflöte vorgetragenes Gedicht Dietrich Bonhoeffers (1906 - 1945) gewählt, das eindrucksvoll von Schmerz, Leid, aber auch von Zuversicht in die Hilfe Gottes berichtet ("Von guten Mächten wunderbar geborgen"). In einer Strophe heißt es: "Noch will das alte unsre Herzen quälen, noch drückt uns böser Tage schwere Last. Ach Herr, gib unsern aufgeschreckten Seelen das Heil, für das du uns geschaffen hast."

Bezirksälteste Krack weist in seinen Gedanken für die Ruheständler unter anderem auf einen Friedhof mit "lebenden Steinen" hin, den er einmal besucht habe. Es handele sich hier nicht um einen esoterischen Begriff, sondern bedeute nur, dass auf den jahrhundertealten Grabsteinen auch Aussagen zum Charakter und Leben der Bestatteten eingemeißelt worden seien, die einem über die Geburts- und Sterbedaten hinaus etwas erzählten. Auch Jesus Christus habe sich für die einzelne Person interessiert und sie gekannt, wie die Begegnung mit der Samariterin am Jakobsbrunnen zeige. Gott kenne das Leben aller Menschen mit allen "Unmöglichkeiten".

Auch Bezirksevangelist Radtke berichtet von einem besonderen Friedhof, einem Friedhof für Heimatlose, den er auf einer Insel entdeckt habe. Aus christlicher Pflicht heraus habe man an den Strand gespülte Leichname dort bestattet. Ein Gedenkstein bringe zum Ausdruck, dass Jesus durch sein Opfer auf Golgatha den Heimatlosen eine Heimat bereitet habe. Auf der Texttafel des Gedenksteins sei die letzte Strophe des Gedichtes "Heimat für Heimatlose" des evangelischen Theologen Rudolf Kögel aus Berlin [1829 - 1896] zu lesen: "Wir sind ein Volk, vom Strom der Zeit, gespült zum Erdeneiland, voll Unfall und voll Herzeleid bis heim uns holt der Heiland. Das Vaterhaus ist immer nah, wie wechselnd auch die Lose - es ist das Kreuz von Golgatha Heimat für Heimatlose."

Bischof Knispel dankte in seinen abschließenden Worten den Akteuren des Nachmittags. Der Funke sei übergesprungen, es sei auch eine besondere Vorbereitung auf den Gottesdienst für Entschlafene gewesen. Wie es in einem Lied in Bezug auf die Liebe Gottes heiße (Gesangbuch Nr. 294, Refrain): "Durchflute mein Herz und mein Leben", möge die Liebe Gottes das eigene Leben bestimmen.

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