Die Kelche werden abgedeckt – "Nun ist der Tisch des Herrn bereitet."

Senioren feiern ersten Gottesdienst mit erweiterter Liturgie

Seit dem 1. Advent 2010 werden die Gottesdienste in der Neuapostolischen Kirche mit einer erweiterten Liturgie gefeiert. Etwa 150 Seniorinnen und Senioren aus dem Kirchenbezirk Berlin-Südwest erlebten so am Samstag, 27. November, erstmals einen Gottesdienst nach dieser neuen Ordnung.

Die Kirche in Berlin-Zehlendorf ist gut gefüllt, als Bezirksvorsteher Jürgen Jeßke den Gottesdienst im Namen des dreieinigen Gottes mit einem Gebet beginnt. In der folgenden Predigt geht es darum, ein "lesbarer Brief Christi" zu sein, wie es Apostel Paulus seinerzeit an die Gemeinde in Korinth schrieb. Ein Kennzeichen, woran man einen Christen erkennen könne, sei die Liebe, so der Bezirksälteste, ein weiteres die Vorfreude auf das heimholende Kommen Jesu.

Anschließend verkündigt er der Gemeinde die Sündenvergebung und das Heilige Abendmahl wird gefeiert. Die teilweise ungewohnten Abläufe und Texte sorgen für gesteigerte Aufmerksamkeit unter den meist grauhaarigen Zuhörerinnen und Zuhörern; die Lieder des neu gegründeten Seniorenchors unterstreichen die besondere Atmosphäre.

Nach dem Gottesdienst sind alle noch zu einem Imbiss eingeladen – eine Gelegenheit, um bei der älteren Generation nach den ersten Eindrücken zu fragen, die die neue Liturgie hinterlassen hat. So sagt die 72-jährige Hannelore Plath: "Ich war früher katholisch und schätze die schlichten Formen in der Neuapostolischen Kirche“, deshalb habe sie zunächst Bedenken gehabt, als sie von einer neuen Liturgie hörte. „Die haben sich aber nicht bestätigt. Alles wirkt feierlicher, aber irgendwie auch selbstverständlich."

Günter Käbelmann (74) hatte die Seniorengemeinde im Gottesdienst an der Orgel begleitet. "Für den Orgelspieler ändert sich eigentlich nichts", schmunzelt er, "man muss nur ein paar Sekunden länger warten." Denn auch das ist neu: Bewusste Momente der Stille im Verlauf der Abendmahlsfeier. Siegfried Lorenz war vor seinem Ruhestand als Diakon aktiv. Ihm gefällt besonders die Ruhe, die nun von der Feier des Heiligen Abendmahls ausgeht: "Das wirkt alles etwas gelassener", meint der 77-Jährige.

Gerhard Eilert (76) steht mit seiner Begleiterin am Kaffeetisch. Beiden ist aufgefallen, dass mit der neuen Liturgie die Sündenvergebung und das Heilige Abendmahl deutlicher als bisher voneinander getrennt sind. Überraschungen blieben allerdings aus: "Wir hatten uns die neue Ordnung schon in unserer Kirchenzeitschrift durchgelesen."

An die jungen Gottesdienstbesucher denkt Hannelore Mai-Bastubbe: "Ich glaube, dass die Heiligkeit besonders von den Kindern nun besser wahrgenommen wird. Wenn es in der Gemeinde still ist, werden sie auch aufmerksamer sein", hofft die 64-Jährige. So hatte auch Bezirksvorsteher Jeßke (60) argumentiert, als er nach dem Gottesdienst bei den Älteren noch einmal um Verständnis für die neue Ordnung warb. Als Gottesdienstleiter habe er selbst schon etwas Sorge gehabt, alles richtig zu machen, gestand er. Und bis er alle neuen Texte auswendig könne, werde es wohl noch ein bisschen dauern.

Ruth (83) und Gerhard (75) Ganschow gefiel vor allem die bessere Sichtbarkeit der verschiedenen Handlungen: Das Aufdecken der Kelche zum Beispiel geschieht nun nicht mehr während des Gebets, sondern ist ein für alle sichtbares eigenständiges Element. "Dadurch fühlen wir uns stärker einbezogen."

Zum Schluss die Stimme der 79-jährigen Edith Leichert: "Die Momente der Ruhe geben mir Gelegenheit, mehr als bisher über die gesprochenen Worte nachzudenken." Bei einigen der neuen Abläufe fühle sie sich an ihre Jugendzeit erinnert: "Diese Pause zwischen der Sündenvergebung und dem Heiligen Abendmahl, die hatten wir schon einmal – 1946."

JZ

 

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