Bezirksapostel Nadolny: "Es geht nur über Vergebung. Einen anderen Weg gibt es nicht."

"Heraus aus der Opferrolle"

Beim Gottesdienst für Amtsträger am Sonntag, 18. Januar 2015 in der Kirche Berlin-Lichtenberg widmet sich Bezirksapostel Wolfgang Nadolny erneut Fragen des zwischenmenschlichen Umgangs und der Konfliktkommunikation. In seiner Predigt ruft er dazu auf, in den Gemeinden und Familien Ärger und seelische Verletzungen offen auszusprechen, um vergebungsbereit im Sinne Jesu Christi zu werden. Nur so könne der Teufelskreis aus eigenem verletzt sein und Vergeltungsdrang durchbrochen und der Mensch "heil" werden.

Die Muster gleichen sich. Die Muster, nach denen die großen Kriege dieser Welt verlaufen, und jene, nach denen an heimischen Küchentischen Konflikte ausgetragen werden – mögen sie auch in ihren Dimensionen nicht zu vergleichen sein. Bezirksapostel Nadolny wendet sich an diesem Sonntagmorgen beidem zu, dem Geschehen auf weltpolitischer Bühne ebenso wie dem in Kirchengemeinden und Familien.  "Was ist so alles durch die Nachrichten gegangen", erinnert er zunächst an die erschreckenden Bilder aus Frankreich und anderen Teilen der Welt. "Terror und Hass, Ärger und Wut. Und hierzulande Demonstrationen, bei denen auch Hass eine Rolle spielt."

Eine "fromme Lüge des Teufels" macht er hinter den Gewalttaten aus. Wenn sich jemand hinstelle und glaube genau zu wissen, was Gottes Wille sei, dann habe man gerade in den vergangenen Tagen erleben können, wohin es führe, wenn dies ins Extreme abgleite: "Terror und Hass im Namen Gottes!" Eine "fromme Lüge", die, abseits der Extreme, auch innerhalb der Kirche anzutreffen sei: Wer von sich behaupte, genau zu wissen, was Gott denke, sei auf einem gefährlichen Weg: "Dann müsste Gott ja bei demjenigen vorbeikommen und fragen, was er denn machen soll." Stattdessen mahnt der Bezirksapostel zur Demut und verweist auf Stammapostel Jean-Luc Schneider, der schon oft erklärt habe, dass ihm der Geist Gottes auf bestimmte Fragen bisher keine Antworten gegeben habe.

Vergeben, nicht verdrängen

Aber nicht fromme oder weniger fromme Lügen stehen im Zentrum der weiteren Predigt, sondern ein Plädoyer für offenes und ehrliches miteinander Reden – als wichtige Schritte um aus einem Teufelskreis auszubrechen, den es im Großen wie im Kleinen gebe: "Wir sind nicht mehr perfekt, wie Gott uns geschaffen hat. Wir sind verletzt. Manchmal durch Menschen, manchmal durch die Umstände des Lebens. Aber: Wir verletzen auch andere. Das dürfen wir nicht ausblenden."

Die Folge solcher Verletzungen seien Schmerz, Trauer, Angst, Wut und vielleicht sogar Hass, die dann leicht zu Rachegedanken führen könnten, "verbale Rache, durch Liebesentzug oder auf anderen Wegen." Bei nächstbester Gelegenheit verletze man dann einen Nachbarn, weil der einen ja auch verletzt habe. "Deshalb gibt es Kriege, Terror, Mord und Totschlag. Immer wieder dieser Kreislauf", schlägt der Bezirksapostel wieder einen Bogen zur Weltlage und benennt als "Therapie" Jesus Christi: "Es geht nur über Vergebung. Einen anderen Weg gibt es nicht." Allerdings müsse es echte, tiefgreifende Vergebung sein, nicht nur ein "frommes Ritual, weil es sich als guter Christ ja so gehöre. Es geht um Vergebung, nicht um Verdrängung."

"Es gibt die Beichte in unserer Kirche"

Dafür sei es wichtig, dass ein Klima herrsche, in dem Verletzungen und Ärger offen ausgesprochen werden könnten. Als Beispiel nennt er den Umgang mit seiner eigenen Person: "Es gibt Situationen, da ist jemand verletzt, weil ich als Bezirksapostel etwas gesagt habe. Und dann kommt ihr als Seelsorger zu ihm er und er fängt an zu schimpfen. Dann sagt ihr vielleicht: Still, still, das ist doch der Bezirksapostel! Aber ich frage: Muss das nicht raus? Muss das nicht ausgedrückt werden, die Wut, der Schmerz?" Und so appelliert er: "Liebe Seelsorger, gebt unseren Geschwistern die Möglichkeit, ihre Schmerzen zu sagen, in Worte zu kleiden." Denn: "Im Teufelskreis ist man immer das Opfer. Man ist immer der Benachteiligte. Durchbricht man aber diesen Kreis, wird man plötzlich stark und ist ein Held, weil man sich  befreit hat."

Gegen Ende seiner Predigt erinnert der Bezirksapostel dabei noch an eine in der Neuapostolischen Kirche wenig prominente Form des sich Öffnens: "Es gibt die Beichte in unserer Kirche. Die Apostel stehen dafür zur Verfügung." Womit er auch verdeutlicht: Auch wenn in diesem Gottesdienst die Instrumentenkoffer von Kommunikations- und Konfliktmanagern geöffnet wurden – "es geht hier nicht um einen psychologischen Vortrag, nicht um Psychotherapie ", sondern einzig um "das Heil der Menschen, darum, zurückzukehren zu der Vollkommenheit, in der der Mensch einmal von Gott erschaffen wurde. Heraus aus der Opferrolle, aus der Gefangenschaft des Teufels, hinein in die Freiheit des Geistes."

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