Vorsonntagschule: Kollage zum Einjährigen

Brieselang – ein Besuch nach einem Jahr

Sie fällt auch noch gut ein Jahr nach der Einweihung auf: Egal ob zu Fuß, mit dem Fahrrad oder Auto – wer in diesen Frühlingstagen durch die Brieselanger Karl-Marx-Straße kommt, dessen Blick bleibt an der neuen Kirche hängen. Sie ist ein Hingucker. Hinter dem offenen Vorgarten eine helle, mit großen Fenstern versehene Fassade, die den Blick bis zum Altar zulässt. Rechts davon der Pylon, das große weiße Kreuz, dass die Überdachung des Eingangsbereichs durchbricht. Ein Jahr ist seit der Einweihung vergangen – Zeit für einen Besuch.

„Wir freuen uns immer noch wie am ersten Tag“, gibt Gemeindevorsteher Harald Schulze nach dem Gottesdienst im sonnigen Vorgarten stehend zu Protokoll. Zwar sei die Zahl der „neuapostolischen Touristen“, die die Kirche mal mit eigenen Augen sehen wollen, zurückgegangen. Aber der Ruck, der mit dem Neubau durch die Gemeinde gegangen ist, sei noch immer zu spüren. Zu sehen ist das an den berühmten Kleinigkeiten: Die Gemeinde hat viele Kinder im Vorschulalter. Und als der Kinderchor nicht mehr singfähig war, nachdem die Konfirmanden ihn verlassen hatten, machten diese als Jugendliche kurzerhand einfach weiter. Oder das Kirchencafé, in dem man sich sonntäglich nach dem Gottesdienst austauscht: Es organisiere sich vollständig selbst, so Harald Schulze. „Jeder packt mit an nach seinen Möglichkeiten“.

Es ist Sonntagmorgen, kurz nach 9 Uhr. Der Gemeindechor stimmt die Besucher auf den Gottesdienst ein. Jesu Auferstehung wird heute Thema sein, wie in allen christlichen Kirchen an diesem Ostersonntag. Und auch wenn Gottesdienste nicht gemeinsam gefeiert werden, musikalisch arbeitet man zusammen, wie zuletzt in der Adventszeit mit den Sängerinnen und Sängern der katholischen St. Marien Gemeinde. Bereits bei der Einweihung hatten Vertreter der Katholischen und Evangelischen Kirche Grußadressen an die Gemeinde gerichtet. „Das Verhältnis ist heute ganz ‚normal‘ freundschaftlich“, erzählt Hirte Schulze.

Zeit zum Ausruhen, Reden, Gemeinschaft genießen

Der „Neubau hat die Gemeinde belebt“, das merkt man auch in der Vorsonntagschule. Ein mit einer aufschiebbaren Faltwand abgetrennter Raum lässt Unterricht während des Gottesdienstes zu. „Vor allem die Raumsituation ist viel besser als in der Schule“, erzählt eine der Lehrinnen. Eine Kollage, bestehend aus zur Einweihung angefertigten Fotos und bunten Handabdrücken, steht auf einer Staffelei in der Ecke. Fröhliche Kinderaugen schauen den Besucher an. „Das war eine Idee zum einjährigen Jubiläum“, erzählt sie. Und dann ist da noch der Vorgarten. Er wird nicht nur von der Gemeinde angenommen. Auch in der Woche bleibt der eine oder andere kurz am Schaukasten stehen, geht ein paar Schritte durch den Garten zur Bank und setzt sich. Schmierereien oder Vandalismus, die man anfänglich befürchtet hatte, gibt es hier nicht. Vielleicht auch, weil diese Kirche immer noch ein Hingucker ist.

Man merkt es im Gottesdienst sitzend ebenso, wie im Vorgarten in der Sonne stehend: Hier ist eine Gemeinde angekommen, ganz bei sich und doch herzlich offen für andere: Ein Gespräch hier, ein Lachen dort, die Kinder spielen mit einem Ball, einer der vormaligen Vorsteher sitzt mit seiner Enkelin unter dem Vordach in der Sonne. Zu Hause wartet sicher das Mittag, aber das hat noch Zeit – zum Ausruhen, zum Reden, zum Gemeinschaft genießen.

Text/Fotos: jel

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